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GID! Interview mit The Busters: “Pass auf, das ist bunt und das ist gut so.”

Ska in Deutschland hat einen Namen: The Busters. Die Band verbreitet schon seit über 30 Jahren gute Laune von Berlin bis San Sebastián und bekämpft Rassismus, Hass, Egoismus & Co. mit heißen Rhythmen. In den letzten Wochen sind die Social Media Kanäle der Band regelrecht heißgelaufen mit Ankündigungen: Neben der großen One For All Tour im nächsten Jahr, wird am 15. November 2019 das neue Album The Busters mit 15 neuen Songs veröffentlicht. Wir haben uns noch vor der großen Ankündigungswelle mit den beiden Sängern Joe Ibrahim und Richie Alexander zum ausführlichen Interview getroffen.

Es gibt The Busters jetzt schon seit über 30 Jahren. Ihr habt schon unfassbar viele Konzerte gespielt und ne Menge Musik raus gebracht. Was macht ihr, damit die Band nicht zu reiner Routine wird?

Richie: Erstmal ist es sowieso so, dass wir bei jeder Tour den Anspruch haben, das Programm wieder komplett neu zu machen. Ein paar Klassiker sind natürlich immer dabei. Wir spielen pro Konzert immer so 30 Stücke und etwa zehn davon sind eigentlich immer die gleichen. Das sind die Klassiker, wie “Summertime”, “Mickey Mouse in Moscow”, “No Risk No fun” und “Dead Or Alive” zum Beispiel. Die will dann auch jeder hören. Und bei den anderen Sachen ist es dann so, dass wir gucken, was ist grad vom aktuellen Album, was kann man noch mal von irgendeinem vergessenen Album von vor 15 Jahren spielen, oder man hat eine außergewöhnliche Coverversion oder irgendetwas Aktuelles, das uns gerade betrifft. Wir haben beispielsweise 2018 eine Tour in Lateinamerika gemacht, wo wir uns dann ein bisschen davon inspirieren haben lassen. Einerseits was den Bühnenaufbau angeht aber auch ein bisschen bei der Auswahl der Stücke. 

Joe: Und unser Bühnenoutfit!

Richie: Unser Bühnenoutfit auch noch, genau! Wir tragen mittlerweile Schuhe. 

Joe: Genau, und wunderschöne Hemden.

Richie: Ja, um den Kopf gewickelt (lacht) Und dann ist es auch so, dass wir einige Songschreiber in der Band haben. Das ist ja auch nicht immer so gegeben, aber bei uns sind es so vier Leute, die regelmäßig Sachen schreiben. Wir können dadurch auch immer wieder neues Material machen und deswegen wird es eh nicht langweilig – auch nach 30 Jahren nicht, weil ständig irgendeiner mit was Neuem ankommt. Wir haben dann jedes Jahr jede Menge frischer Songs im Programm. Das war bei der Tour im Winter auch der Fall. Da hatten wir einige Stücke im Programm, die gibt es noch auf gar keiner Platte. Also langweilig wird es da nicht. 

Okay, und für dich, Joe, wird es ja eh noch nicht langweilig.

Joe. Nee, auf gar keinen Fall. Das ist immer wieder spannend.

Wenn eine Band so lange existiert, dann müsst ihr in Interviews ja auch immer die gleichen Sachen erzählen…

Richie: Das werden wir oft gefragt! (Joe lacht)

Jetzt kommt’s aber!

Richie: Das wurde noch nie gefragt!

Joe: Jetzt bin ich gespannt!

Wenn du so zurückblickst, mal von diesen typischen Entstehungsgeschichten und so weiter abgesehen, was waren denn deine persönlichen kleinen Lieblingsmomente.

Richie: Mit dieser Band?

Mit The Busters, genau.

Richie: Also einer meiner Lieblingsmomente war, als ich vor sechs Jahren gefragt wurde, ob ich mitmachen will und ich “Ja” gesagt hab. Ach, wir haben viele schöne Sachen erlebt, das lässt sich oft gar nicht so an einzelnen Momenten festmachen, obwohl es da natürlich Highlights gibt, aber eine Sache, die generell schön ist in der Band, ist, dass wirklich alle so kompetent sind. Das sag ich jetzt auch ganz ohne irgendwelche Arroganz oder so. Ich spiele ja auch mit vielen anderen Bands und in dieser Band ist es irgendwie so, dass jeder weiß, was er machen muss, damit es gut wird, und kann das dann auch und macht das dann auch. Das ist toll. Gerade, wenn man neue Stücke erarbeitet und man macht mal Übergänge zwischen Stücken und arrangiert da was neu und so weiter. Das klappt dann immer super. Dann sagt der Bassist: “Ich mach das mal im Stil von soundso” und dann zack, zack ist man sehr schnell bei einem sehr schönen Ergebnis. Das ist eine sehr schöne und befriedigende Art und Weise zu arbeiten und zu musizieren. Da kann man sich eben auch lösen von diesem “arbeiten” und das wirklich dann “spielen” nennen. Das ist ‘ne schöne Sache. 

Mir ist aufgefallen, weil du auch eben vom Songwriting gesprochen hast, dass nicht wenige eurer Songs die komplette Band als Credit haben.

Richie: Das war früher anders.

Ich kann mir jetzt gar nicht wirklich vorstellen bei so vielen Bandmitgliedern, wie das dann wirklich aussieht. Also kannst du vielleicht mal beschreiben, wie so ein Song entsteht?

Richie: Ja, klar. Es ist schon so, dass Leute, die ein Stück schreiben, das dann mitbringen, natürlich auch schon mit Hinblick, dass das zu The Busters passt. Wir werden jetzt nicht anfangen, irgendeine Sakraloperette zu schreiben und sagen “Das machen wir jetzt mit ‘ner Ska Band” oder so. 

Joe: Oder gerade deshalb, vielleicht! 

Richie (lacht): So ist es nicht, also man hat da natürlich The Busters im Blick und schreibt dafür dann den Song. Aber manchmal ist es auch so, dass es dann schon Kooperationen gibt. Das einer sagt: “Ich hab hier ‘ne gute Grundidee, aber mit dem Bläsersatz…weiß ich jetzt nicht, was kann man da machen?”, und dann kommt einer von den Bläsern und hat die passende Idee und dann arrangieren die das zusammen. Oder einer hat sich schwer getan mit dem Text vom Refrain, aber mit dem Strophentext nicht, und dann springt jemand anderes ein und arbeitet dann daran weiter. Es gibt einerseits Songs, die komplett von allen gemacht sind, und andererseits auch viele, wo dann zum Beispiel nur drei Leute dran beteiligt waren. 

(Zu Joe) Ne, siehst du auch so?

Joe: Seh ich ganz genau so! (lacht)

Und diskutiert ihr dann viel über irgendwelche Details in der Musik oder im Text und versucht die ganzen Einzelmeinungen irgendwie auf einen Nenner zu bringen?

Joe: Ich sag mal, bei der Probe wird dann schon ‘ne Weile drüber geredet, wie jetzt was gemacht wird. Aber das ist ja auch nicht negativ, weil wir einfach schauen, dass es dann zu dem perfekten Ergebnis kommt und da muss man sich halt auch bei der Probe die Zeit nehmen, das auch wirklich komplett auszuarbeiten. Aber alles ist immer friedlich. Es wird halt schon auch wirklich richtig gearbeitet. Das war für mich auch neu als ich in die Band kam, weil ich ja aus einem Punk-Rock Trio komme, wo alles so ein bisschen lockerer ist. Aber hier sind alle wirklich richtige Profi-Musiker, die dann alles bis ins kleinste Detail ausarbeiten, wo man dann aber auch hört, dass da wirklich an jeder Ecke alles richtig sitzt. 

Richie: Es ist aber auch schon so, dass hinter den Stücken schon eine Vision steckt, wie das dann am Schluss klingen soll. Dann arbeiten wir daran und am Schluss hat der Komponist das letzte Wort. Aber es kommt trotzdem auch viel Input von den einzelnen Musikern. Derjenige, der das Stück mitgebracht hat, ist dann aber nicht unzufrieden ist, weil es nicht ganz so wurde, wie er sich das vorgestellt hat.

Mit “Chase Them” habt ihr eurem Motto “Ska Against Racism” eine würdige Hymne geschaffen. Könnt ihr kurz erklären, was “Ska Against Racism” für The Busters bedeutet und wie ihr dieses Motto lebt?

Richie: Also, zuerst einmal haben wir uns selber immer an eigentlich ausländischen Künstlern und Bands orientiert. Wenn du Ska machst, dann hörst du entweder diesen 2-Tone-Stuff aus Großbritannien, der eben – 2-Tone sagt es ja schon – zwei Farben, und es geht da auch um schwarz und weiß, zusammenbringt. Es war auch immer so propagiert von den vielen Bands, die es da gegeben hat, wie z.B. The Selecter und The Specials und so weiter, dass Hautfarbe nichts ist, worüber man sich diskriminieren muss. Und die Musik kommt natürlich aus Jamaika, weswegen es undenkbar ist, rassistisch zu sein, wenn man diese Art Musik gut findet beziehungsweise selber macht. Das hat sich komischerweise nicht überall rumgesprochen, aber es ist eigentlich so. Manche Leute, die es wirklich nicht besser verstehen, sehen Ska als Soundtrack für ihren subkulturellen Lebensstil und meinen, dazu gehört auch eine bestimmte politische Haltung, die dann weiter rechts ist oder so. Das trifft natürlich gar nicht zu. Und wenn man sich unsere Band anguckt, wir haben Leute mit französischen, ägyptischen, indischen, türkischen und natürlich deutschen Wurzeln. Sogar Kurpfälzer sind dabei!

Joe: Und Münsteraner!

Richie: Man kommt zusammen, musiziert zusammen, erlebt Gemeinschaft und erschafft was Gemeinsames. Da passt Rassismus überhaupt nicht rein. Deswegen ist es für uns auch wichtig – heute wichtiger als noch in den letzten Jahrzehnten vielleicht – sich wirklich genau zu definieren, ‘ne Kante zu zeigen und den Leuten, die wir zusammenbringen, zu vermitteln: “Pass auf, das ist bunt und das ist gut so.”

Joe: Ja, für uns ist es auch schön, immer überall hin rumfahren zu können. Da trifft man ja auch Menschen und wenn man dann so ‘ne Einstellung hat, wie z.B. die AFD, ist man nur in seinem eigenen Kopf gefangen und lässt andere Leute nicht zu. Dann hast du da eh schon die Blockade, dich mit anderen Menschen zu treffen. Wir haben einfach die Möglichkeit als Musiker jeden Abend wieder neue Leute zu treffen und dann ist es auch ganz egal, wo die herkommen.  Das ist für uns, oder für mich persönlich, auch ‘ne unheimlich tolle Sache. Einfach unter die Leute zu kommen und mit denen zu quatschen. Da ist es auch völlig egal, wo die Leute herkommen oder welches Geschlecht sie haben und so weiter. 

Glaubt ihr, dass eure Musik auch zu Menschen durchdringen kann, die bereits in die rechte Ecke abgerutscht sind?

Richie: Ich glaube nicht, dass jemand, der schon komplett voreingenommen ist, unsere Musik  hört und dann bekehrt wird dadurch. Ich glaube aber schon, dass jemand, der das live erlebt, der zu einem Konzert geht und sieht, was da abgeht, dass derjenige da Gemeinschaft erlebt und vielleicht dann doch mal zum Denken angeregt wird und sagt: “Moment mal, wie kommt das denn, dass die hier viel mehr Spaß haben als wir mit unserem hasserfüllten Grüppchen da, das alles Scheiße findet. 

Man kann es sich ja gar nicht so vorstellen, aber die könnten ja eventuell auch Spaß haben in ihren Grüppchen.

Joe: Ja, mit Sicherheit auch, aber die kennen dann die andere Seite gar nicht, weil sie eben immer nur unter ihren Leuten sind und gar nicht sehen, was draußen so abgeht. 

Richie: Das ist das Problem, dass man quasi in seiner Blase ist. Wenn man da sowieso drin ist und bestätigt wird – das ist ja mit jeder Blase so – kann man es sich außerhalb der Blase schwer vorstellen und will es ja auch nicht, weil man ja eigentlich in dem, wo man so ist, meint, sich wohl zu fühlen und, dass man da hingehört. Wenn es in der Blase eben heißt, nicht offen zu sein, dass das eine der Prämissen ist, dann ist es natürlich noch schwieriger als wenn du dich in einer Blase von weltoffenen Skeptikern befindest, die dann interessiert sind an dem, was auch mal andere zu sagen haben.

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Melissa Wilke:
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