Album Review: Bullet For My Valentine – Gravity
Übersetzt von Britta Hoffmann
Bullet For My Valentine Frontmann Matt Tuck sagte bereits im April, dass ihr neues Album Gravity “einige Leute mit seinem Klang überraschen wird”. Und er hatte Recht. Ihr sechstes Album bewegt sich in eine andere, eher Mainstream Richtung. Einst machte die Mischung aus Heavy Metal, melodischer Hooks und Killer-Riffs ihre Musik spannend. Leider findet sich nichts davon wieder, da die Band sich in eine sehr bekannte, ausgediente Richtung bewegt.
Alles beginnt vielversprechend mit “Leap of Faith”. Die wüsten Drums und die Geräuschexplosion nach Tucks Zeilen “do or die” ergreifen den Zuhörer sofort. Es ist nicht so intensiv oder heavy wie ihre alten Werke, dennoch hat es genug Energie zum Mitreißen. Es klingt am Ehesten wie das klassische “Bullet” und wird Langzeitfans gefallen, doch denen wird schnell der Mangel an Killer-Solos auffallen. Eine der größten Veränderungen, denn nur wenige Songs haben herausragende Gitarrenklänge. Das verbessert oder verschlechtert das Album nicht, allerdings wirkt es eigenartig, dass dieser ursprünglich so typische Sound fehlt. Und trotzdem ist es einer der auffälligsten Songs auf dem Album.
Bullet For My Valentine gibt es seit über 10 Jahren, da macht es Sinn, dass die Band ihren Sound aufmischen will. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist eher, wie generisch alles jetzt klingt. “Over It” vereint typische Hard Rock, knirschende Musik und fade Lyrics. Es könnte problemlos mit jeder anderen Rockband verwechselt werden. “Not Dead Yet” und “Under Again” haben dasselbe Problem. Die Musik klingt zwar okay, aber ähnlich dem Rest des Albums und die Lyrics sind unspektakulär. Gravity weckt Versprechungen mit seinem schnellen Rhythmus und kraftvollem Gruppengesang, ist aber insgesamt sehr flach. Keiner dieser Songs hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Ihre neue Richtung ist jene, die man schon von Asking Alexandria oder Bring Me The Horizon kennt. Das ist nicht spannend.
Die Band ist nah dran, mit “The Very Last Time” einen Pop Song zu kreieren. Mit gedämpften Synth Beats und komprimierten Klängen, ähnelt es mehr 30 Seconds to Mars als Bullet For My Valentine. Es haut einen völlig aus dem Konzept, wenn man es hört. Um es schlimmer zu machen, klingt es langweilig. Es klingt sehr wie all ihre anderen glanzlosen Balladen. Es ist gut, dass sie experimentieren wollen, aber das klappt bei diesem Song nicht. Wenn sie ihren Sound schon verändern wollen, dann wenigstens auch interessant.
Zum Glück gibt es auch Songs, die hervorstechen, aber trotzdem nicht an ihre besten Werken heranreichen. “Letting You Go” ist ein wilder Track mit derselben Energie und Aggression eines klassischen Bullet Songs. Tuck hat ein Talent dafür, catchy Hooks zu schreiben und das ist hierbei nicht anders. Nach dem Hören von “First you wanna hate me then you wanna love me/This how I’m feeling/I’m just letting you know”, bleibt es für Tage im Kopf hängen. “Piece of Me” ist noch so ein einprägsamer Track. Es ergreift einen mit voller Kraft und rasanter Musik und Tucks Geschrei: “Tell me why I should give a fuck!” Es mag zwar etwas angsty klingen, aber die Art wie alles am Ende explodiert ist so überzeugend, dass man moshen möchte. Es ist vermutlich der “heavyiste” Track auf dem Album.
“Don’t Need You” ist ebenfalls herausragend, aber eine merkwürdige Einbindung ins Album, da es bereits 2016 veröffentlicht wurde. Es in das Album einzubinden, zeigt nur noch mehr, wie anders Bullets neuer Sound klingt. Wenn man ihm hier zuhört, kann man sofort heraushören, dass er in einer anderen Ära der Band geschrieben wurde. Es ist heavy, knallhart, brutal und bringt das Blut zum Kochen – nur wenige Songs auf Gravity schaffen das. Wenn überhaupt lässt es einen den alten Sound vermissen. Es passt nicht aufs Album und hätte viel eher ein Bonus Track werden sollen.
Es ist klar, dass der letzte Track “Breathe Underwater” mit viel Schmerz entstanden ist. In einem aktuellen Interview offenbarte Tuck seine depressiven Anfälle und die Trennung seiner Beziehung. Das alles dringt in dem Song durch. Die Lyrics erzählen von einer zerrissenen Beziehung und davon, sich verloren zu fühlen, weil eine geliebte Person nicht mehr da ist. Und dennoch, wie auch die anderen Songs ist dieser nicht sehr interessant. Es ist eine typische Ballade, die die Aufmerksamkeit nicht lange auf sich gelenkt halten kann. Auch wenn es von einem persönlichen Standpunkt kommt, ist es nicht sehr einprägsam.
Gravity ist eine Enttäuschung. Das Album ist nicht schrecklich, aber es lässt sie wie alle anderen Bands im Radio klingen. Ähnlich wie Temper Temper von 2013, ist es nur durschnittlich. Die Songs bleiben nicht hängen; sie sind allerhöchstens “okay”. Es ist weder aufregend noch einprägsam wie ihre bisherigen Alben. Der Sound ist dafür zugänglicher für den Mainstream, was scheinbar auch Tucks Absicht ist. In einem Interview erwähnte er, dass er größeren Erfolg in Nordamerika anstreben will. Dieses Album scheint dabei zu helfen. Aber die “radio-freundlichen” Klänge sind nicht der Grund, der das Album schlecht macht. Es sind diese uninspirierten, stumpfen und generischen Songs. Abgesehen von nur wenigen Highlights, ist dieses Album leider recht glanzlos.
Gravity Tracklist:
Leap of Faith
Over It
Letting You Go
Not Dead Yet
The Very Last Time
Piece of Me
Under Again
Gravity
Coma
Don’t Need You
Breathe Underwater