Konzertbericht: Die Farmer Boys in Stuttgart

Ein Großteil von euch wird sich sicher denken: „Wer zur Hölle sind die Farmer Boys?“. Das fast schon völlig zurecht. Denn die fünf Jungs aus Stuttgart waren, wenn man die Abstände zwischen dem neuen Studioalbum und seinem Vorgänger betrachtet, 14 Jahre nahezu von der Bühne verschwunden. Zwischen 2004 und der überraschenden Mini-Comebacktour letztes Jahr trat man lediglich 2008 in der Stuttgarter Röhre und 2011 auf dem Summer Breeze auf. Man hat nicht nur quasi eine Musikgeneration ausgesetzt, sondern die Pause begann, als die Digitalisierung des Musikmarktes anfing zu wachsen. Dementsprechend ist auch das Publikum bei Farmer Boys Konzerten eher gehobenen Alters. Das man sich davon aber nicht abschrecken lassen sollte und auch nach über 2 Jahrzehnten weiterhin mithalten kann, das haben die Jungs um Frontmann Matthias Sayer am 15. Dezember 2018 beim Tourabschluss im LKA-Longhorn in Stuttgart bewiesen.

Die sogenannte Hometown Show war für mich persönlich nach Frankfurt und Augsburg die dritte Station der „Born Again Tour 2018“. Die Shows dort waren eher kleiner, von ca. 150-200 Leuten besucht. In der Heimat konnte man das LKA sehr gut füllen. Ich schätze, dass man wieder rund 1000 Leute wie im Vorjahr mobilisieren konnte. War man gegen Ende der 90er und der frühen 2000er Jahre noch als Support von Rammstein, Metallica und Papa Roach unterwegs, so spielten die fünf Jungs die Tour komplett ohne Supportband. Das mag vielleicht etwas arrogant oder mutig klingen. Gitarrist Alex Scholpp begründete dies in Interviews damit, dass man erstens nicht irgendeine Band spielen lassen will, die am Ende gar nicht wirklich reinpasst und auch irgendwie sich darauf fokussieren wollte, endlich wieder zurück zu sein.

Mit ca. einer halben Stunde spontaner Verspätung betraten die fünf Schwaben die Bühne, dies allerdings bestens gelaunt aufgrund des Heimsiegs des VfB Stuttgart am Nachmittag. Dieses Mal waren keine technischen Probleme daran schuld. Die Verzögerung hat sicher nicht geschadet, da viele Besucher erst kurz vor Beginn einpendelten und der Einlass im LKA Longhorn bei vielen Konzerten eine echte Geduldsprobe ist. Die ersten vier Songs der Setliste stammten allesamt von der neuen Platte. Darunter befanden sich die Singles „Faint Lines“ und „You and Me“. Selbst bei den neuen Songs waren die Zuschauer schon recht textsicher. Danach folgte ein Viererblock der Klassiker u.a. mit „The Other Side“ und „End Of All Days“. Im Publikum schwingen vereinzelt Köpfe, dies lag aber nicht an einer möglichen schlechten Stimmung. Die Songs sind heavy, catchy, aber nicht immer Garant für Pits. Das schadet der Stimmung allerdings keineswegs. Als die Ballade „Isle Of The Dead“ gespielt wird, erreicht die Show ihren ersten Höhepunkt. Der Song mit Radiopotential kommt auch live sehr emotional herüber und gehört mit zu meinen persönlichen Songs des Jahres.

Nach einem weiteren Block alter Klassiker, welche auch die ersten kleinen Pogos heraufbeschwörte, verschwand die Band, bis auf Keyboarder Richard Duee und Gitarrist Alex Scholpp, von der Bühne. Letzterer gab nun ein mehrminütiges Gitarrensolo von sich. Scholpp, der seit 2007 als Tourgitarrist der Ex-Nightwish Frontfrau Tarja Turunen aktiv ist, konnte das Publikum hier gut anheizen.

Mit einem weiteren Klassiker namens „Stay Like This Forever“ ging dann das Konzert auf die Zielgerade zu. Nach der Single „Revolt“ verschwand die Band von der Bühne. Die Zugabenrufe waren erstaunlich bescheiden, auch mein Versuch einen „Farmer Boys“ Sprechchor heraufzubeschwören funktionierte nicht. Kurz darauf erschien die Band wieder auf der Bühne. Sänger Matthias Sayer nahm es mit Humor und deutete an, er könne ein paar Geschichten über Hasen erzählen, wenn man wohl keine Musik mehr hören mag. Als schließlich „Here Comes The Pain“ der bekannteste Song der Band gespielt wurde, kam das Publikum nochmal richtig in Fahrt und sang lautstark den Refrain mit. Abgeschlossen wurde das Set vom Song „Born Again“.

Die Band genoss den lautstarken Applaus sichtlich und man sah die Mitglieder bis über beide Ohren strahlen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Show aus meiner Sicht sehr solide war und es einfach immer wieder eine Freude ist, den einzigartigen Sound der Farmer Boys live zu hören. Auch wenn das Publikum eher bescheiden agierte, lässt das keine Langeweile aufkommen. Dies bietet eventuellen Neulingen die Gelegenheit, die Band in Ruhe anzuschauen ohne dass man sich dafür weiter hinten oder an den Rand stellen muss. Momentan sind bis auf die verlegte Show in Magdeburg keine weiteren Konzerte bekannt. Man kann aber vermuten, dass um den neuen Termin für Magdeburg im Frühjahr 2019 mit weiteren Konzerten gerechnet werden kann. Core-Anhänger und Moshpitfanatiker werden hier eher wenig Spaß´haben, wenn man aber ein Faible für alternativen Metal mit einer Prise Pop, 80s, Rock und cinematischer Untermalung hat, sollte sich die Jungs unbedingt mal anhören – oder ansehen.

Die Farmer Boys sind auch 2019 wieder auf Tour. Tickets für die Shows gibt es HIER.

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